Wirtschaftspartnerschaft EU-Japan im INTA auf der Tagesordnung
Am 5. November 2018 wird der Handelsausschuss des Europäischen Parlaments über die Empfehlung zum Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der EU Union und Japan über eine Wirtschaftspartnerschaft abstimmen. Wir dokumentieren den Text.
____________________________________________________________
Ausschuss für internationalen Handel
2018/0091(NLE)
5.9.2018
***
ENTWURF EINER EMPFEHLUNG
zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und Japan über eine Wirtschaftspartnerschaft
(07964/2018– C8-0382/2018– 2018/0091(NLE))
Ausschuss für internationalen Handel
Berichterstatter: Pedro Silva Pereira
ENTWURF EINER LEGISLATIVEN ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN
PARLAMENTS
zu demEntwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss des Abkommens
zwischen der Europäischen Union und Japan über eine Wirtschaftspartnerschaft
(07964/2018–C8-0382/2018–2018/0091(NLE))
(Zustimmung)
Das Europäische Parlament
– unter Hinweis auf denEntwurf eines Beschlusses des Rates (07964/2018),
– unter Hinweis auf das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Japan über
eine Wirtschaftspartnerschaft (07965/2018),
– unter Hinweis auf das vom Rat gemäß Artikel91, Artikel 100 Absatz 2, Artikel 207
Absatz 4 Unterabsatz 1, Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Artikel
218 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterbreitete Ersuchen um Zustimmung (C8-0382/2018),
– unter Hinweis auf seine nicht legislative Entschließung vom ... zu dem Entwurf eines
Beschlusses,
– gestützt auf Artikel 99 Absätze 1 und 4 und Artikel 108 Absatz 7 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf die Empfehlung des Ausschusses für internationalen Handel sowie
die Stellungnahmen des Ausschusses für Umwelt fragen, öffentliche Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit und des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche
Entwicklung (A8-0000/2018),
1. gibt seine Zustimmung zu dem Abschluss des Abkommens;
2. beauftragt seinen Präsidenten, den Standpunkt des Parlaments dem Rat und der
Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und Japans
zu übermitteln.
BEGRÜNDUNG
Die Verhandlungen zwischen der Europäischen Unio n (EU) und Japan über ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) wurden am 25. März 2013 aufgenommen und am 8. Dezember 2017 abgeschlossen. Am 17. Juli 2018 unterzeichneten die EU und Japan auf dem Gipfeltreffen EU-Japan in Tokio das WPA sowie das Abkommen über eine strategische Partnerschaft.
Das Europäische Parlament legte seine Verhandlungsprioritäten in seiner Entschließung vom Oktober 2012 dar. Diese Prioritäten kommen in dem Ergebnis der Verhandlungen zum Ausdruck. Das Europäische Parlament wurde während des Prozesses auf dem Laufenden gehalten, und der Ausschuss für internationalen Handel hat die Verhandlungen von den Vorbereitungsarbeiten bis zur Unterzeichnung des endgültigen Abkommens aufmerksam verfolgt. Im September 2017 veröffentlichte der Rat sein Verhandlungsmandat, nachdem das Europäische Parlament dies gefordert hatte.
Die Verhandlungen über ein gesondertes Investitionsschutzabkommen mit Japan sind noch nicht abgeschlossen. Das Europäische Parlament wird diese Verhandlungen weiterhin aufmerksam verfolgen und hat bereits klargestellt, dass der alte Mechanismus für die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten (ISDS) nicht hinnehmbar ist.
Das WPA EU-Japan ist von strategischer Bedeutung. Es ist das wichtigste bilaterale Handelsabkommen, das die EU je abgeschlossen hat, zumal in dem Handelsraum ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaftet wird, auf ihn fast 40 % des Welthandels entfallen und in ihm über 600 Millionen Menschen leben.
In für das weltweite Handelsgefüge turbulenten Zeiten wird mit diesem Abkommen ein Zeichen für regelgestützten, freien und fairen Handel gesetzt und zur Förderung der Werte und hohen Standards der Union beigetragen.
Die EU und Japan vertreten gemeinsame Grundwerte wie etwa die Achtung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, und beide setzen sich nachdrücklich für nachhaltige Entwicklung, Multilateralismus und ein regelgestütztes Welthandelssystem ein.
Japan ist zwar der drittgrößte Verbrauchermarkt der Welt, aber nur der sechstwichtigste Handelspartner der EU. Dieses Abkommen wird eine Stärkung der derzeitigen bilateralen Handelsbeziehungen sowie der politischen Beziehungen bewirken.
Im Rahmen der Nachhaltigkeitsprüfung von 2016 wurde davon ausgegangen, dass das Abkommen im Einklang mit dem Ziel, „intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ zu erzielen, für die EU wie auch für Japan positive Auswirkungen hinsichtlich BIP, Einkommen, Handel und Beschäftigung zeitigen würde.
Der tatsächliche Nutzen eines internationalen Abkommens hängt jedoch davon ab, ob alle Vertragsparteien seine Bestimmungen ordnungsgemäß und uneingeschränkt umsetzen. Die Überwachung der Umsetzung der eingegangen Verpflichtungen ist daher von entscheidender Bedeutung.
Warenhandel: Durch das WPA EU-Japan werden ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens dieZölle auf über 90 % der Ausfuhren der EU nach Japan abgeschafft. Sobald das Abkommen vollständig umgesetzt ist, wird Japan die Zölle auf 97 % der aus der EU eingeführten Warenabgeschafft haben; die übrigen Zolltariflinien unterliegen der teilweisen Liberalisierung durch Zollkontingente oder Zollsenkungen. Bei Personenkraftwagen wird die EU ihre Zölle von derzeit 10 % in einem Zeitraum von sieben Jahren auf Null senken; bei Traktoren und Bussen werden die EU-Zölle nach 12 Jahren abgeschafft. Schätzungen zufolge werden EU-Ausführer durch das Abkommen jährlich etwa 1 Mrd. EUR an Zöllen sparen.
Nichttarifäre Maßnahmen: In den Verhandlungen zwischen der EU und Japan wurden viele nichttarifäre Maßnahmen behandelt, die für die Unternehmen in der EU ein wichtiges Anliegen waren, insbesondere in der Automobilbranche und im Hinblick auf Lebensmittelzusatzstoffe, die Lebensmittelkennzeichnung, Kosmetika, Medizinprodukte und die Kennzeichnung von Textilien. Japan willigte ein, seine Normen im Automobilbereich noch stärker an die von den Automobilherstellern in der EU verwendeten internationalen Normen (Regelungen der UNECE) anzugleichen. Das Abkommen umfasst eine 10 Jahre lang geltende Schutzklausel, die der EU die Wiedereinführung von Zöllen gestattet, falls Japan die Anwendung der UNECE-Regelungen einstellt oder abgeschaffte nichttarifäre Maßnahmen wiedereinführt.
Landwirtschaft und geografische Angaben: Die größten Zollsenkungen werden die Landwirtschaft der EU betreffen, wobei in dem Abkommen die sensibelsten Produkte geschützt werden. Wein, Spirituosen und andere alkoholische Getränke werden ab dem ersten Tag zollfrei eingeführt. Die hohen Zölle auf Hartkäse werden abgeschafft, und für Frischkäse wird eine zollfreie Quote eingeführt. Die Zollsätze für Rindfleisch werden schrittweise (in einem Zeitraum von 15 Jahren von 38,5 % auf 9 %) gesenkt. Verarbeitetes Schweinefleisch wird zollfrei und frisches Schweinefleisch nahezu zollfrei aus der EU nach Japan ausgeführt werden können. Nach einer Übergangszeit werden die Zölle auf landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse wie Teigwaren, Schokolade und Kekse abgeschafft. Das WPA sieht auch den Schutz von 205 europäischen geografischen Angaben vor, was für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) besonders wichtig ist.
Vergabe öffentlicher Aufträge: Japan willigte ein, Zugang zu den Beschaffungsmärkten von 48 Kernstädten (mit etwa 15 % der Bevölkerung Japans) zu gewähren und die Übernahme öffentlicher Aufträge von vielen unabhängigen lokalen Verwaltungsstellen (Universitäten, Krankenhäusern und öffentlichen Energieunternehmen) zu ermöglichen. Japan hat sich auch verpflichtet, die „Betriebssicherheit sklausel“, durch die der europäischen Bahnindustrie der Zugang zum japanischen Markt bislang in der Praxis verwehrt wurde, spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des Abkommens aufzuheben. Das Abkommen baut auf dem Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen auf und maximiert die Transparenz bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge.
Handel mit Dienstleistungen: Im Rahmen des Abkommens wird den Behörden der EU-Mitgliedstaaten trotz des Konzepts einer Negativliste weiterhin das Recht zugestanden, auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene öffentliche Dienste festzulegen, zu erbringen und zu regulieren. Das WPA hindert die Regierungen nicht daran, privatisierte Dienste wieder zu verstaatlichen. Das souveräne Recht, das Finanz- und Bankwesen aus Aufsichtsgründen zu regulieren, bleiben vom Abkommen ebenfalls unberührt. Die Liberalisierung erstreckt sich auf Bereiche wie den elektronischen Handel, den internationalen Seeverkehr, Postdienste und Telekommunikation, nicht aber auf audiovisuelle Dienste. Darüber hinaus wird in dem WPA die vorübergehende Mobilität von Fachkräften zwischen der EU und Japan („Modus 4“) festgelegt, wodurch beide Seiten dazu verpflichtet werden, unternehmensinterne Transfers in rund 40 Bereichen und den Transfer von Freiberuflern in rund 20 Bereichen zu ermöglichen.
KMU: Es ist das erste Mal, dass ein spezielles Kapitel über KMU in ein EU-Handelsabkommen aufgenommen wird. Darin sind eine öffentlich zugängliche Website sowie KMU-Kontaktstellen vorgesehen, die Informationen bereitstellen werden, die für kleine Unternehmen für den Zugang zu dem jeweils anderen Markt relevant sind. 78 % der nach Japan ausführenden EU-Unternehmen sind KMU.
Nachhaltige Entwicklung: Im WPA EU-Japan werden das Bekenntnis beider Vertragsparteien zu einer Vielzahl unterschiedlicher multilateraler Übereinkommen in den Bereichen Arbeit und Umwelt sowie zur Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung bekräftigt. Darüber hinaus verpflichten sich beide Vertragsparteien zur wirksamen Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens und weiterer multilateral er Umweltübereinkommen, darunter Übereinkommen zur Erhaltung und nachhaltigen Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen (Fischbestände, biologische Vielfalt und Wälder).
Insbesondere sieht das Abkommen eine stärkere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von illegalem Holzeinschlag und illegaler, nicht regulierter oder nicht gemeldeter Fischereitätigkeit vor. Zwar hat Japan bedauerlicherweise zwei Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) noch nicht ratifiziert, jedoch umfasst das Abkommen Verpflichtungen, die Ratifizierung aller Kernarbeitsnormen der IAO voranzutreiben. In dem entsprechenden Kapitel wird auch das Recht anerkannt, Regelungen zu erlassen, und es enthält eine spezielle Überprüfungsklausel, auf die zurückgegriffen werden kann und sollte, um die Durchsetzbarkeit und Wirksamkeit von Arbeits- und Umweltbestimmungen zu verbessern.
Datenströme: Das WPA enthält keine allgemeinen Bestimmungen über Datenströme, sondern eine Überprüfungsklausel‚ nach der die Vertragsparteien die Frage der grenzübergreifenden Übermittlung von Daten innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens prüfen werden.
Zusammenarbeit in Regulierungsfragen: Das Kapitel über die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen ist freiwillig, und in dessen Rahmen wird das souveräne Recht der Vertragsparteien, bei der Verfolgung von Zielen der öffentlichen Ordnung ihr eigenes Schutzniveau zu regeln, gewahrt. Ferner sieht das Abkommen die Einrichtung eines Forums für die Finanzregulierung vor, um die Zusammenarbeit zwischen der EU und Japan zu verstärken und so die Stabilität und das globale Finanzsystem zu verbessern. Aus dem Kapital über die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen geht auch eindeutig hervor, dass die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankerten Grundsätze, darunter das Vorsorgeprinzip, uneingeschränkt zu achten sind.
Umsetzung und Zivilgesellschaft: Das Abkommen sieht einen gemeinsamen Dialog mit der Zivilgesellschaft und Fachausschüssen vor, z.B. mit dem Ausschuss für die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen, in dem auch die Beteiligung der Zivilgesellschaft möglich ist. Wie bei allen anderen von der EU abgeschlossenen Handelsabkommen der letzten Generation wird auch im Rahmen des WPA eine Interne Beratungsgruppe eingerichtet, die die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in die Umsetzung und Überwachung des Kapitels über nachhaltige Entwicklung sicherstellt.
Fazit
Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EU-Japan ist von großer strategischer Bedeutung. Das Abkommen ist ein ausgewogenes und umfassendes Ergebnis von beträchtlichem wirtschaftlichen Wert für die EU, ihre Bürger und Unternehmen. Mit dem Abkommen werden neue Marktchancen geschaffen, insbesondere in Bereichen, die gewöhnlich nicht die größten Nutznießer von Handelsabkommen sind (z.B die Landwirtschaft). Dieses WPA enthält eine Reihe von Neuerungen, z.B. das Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzübereinkommen und spezielle Kapitel über Corporate Governance und KMU. In dem Abkommen wird das Recht, Regelungen zu erlassen, uneingeschränkt gewahrt, und öffentliche Dienste werden geschützt.
Dieses Abkommen kann zu nachhaltigem Wachstum und der Schaffung auskömmlicher Arbeitsplätze beitragen; gleichzeitig können in dessen Rahmen die Werte der Union gefördert und hohe Standards in Bereichen wie Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz und Arbeit nehmerrechte gewahrt werden.
Der Berichterstatter empfiehlt daher die Zustimmung zu diesem Abkommen.
- Artikel teilen
- Zum Seitenanfang